Die Werkreihe „Paradise Lost" ist ein dokumentarisches Tagebuch in Bildern. Die Arbeiten zeigen exemplarisch die Folgen des Klimawandels in Form von Malerei und Zeichnungen. Tatjana Utz notiert dazu Zeitungsmeldungen und Nachrichtenbeiträge, recherchiert Fachartikel und sammelt Fotomaterial zu aktuellen und vergangenen Ereignissen und Entwicklungen, die in Zusammenhang mit der globalen Erwärmung stehen. Aus dieser Recherche heraus entwickelt sie ihre Motive.
Auf den ersten Blick erscheinen die Motive idyllisch, zeigen sie doch Landschaften oder Tier- und Pflanzendarstellungen. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich die eigentliche Thematik. Zarte Aquarelle von Quallen tragen den Titel „Quallenblüte". Der Wohlklang des Begriffs trügt. Es handelt sich dabei um ein massenhaftes Auftreten der Spezies, das unter anderem durch die steigenden Wassertemperaturen der Meere und durch Wasserverschmutzung verursacht wird. Touristen und Bewohner des Mittelmeerraums erleben Quallenplagen statt malerischer Badestrände. Andere Bilder zeigen Waldlandschaften, die in Flammen aufgehen. „Sommerzeit", so der Titel eines Bildes, ist nicht mehr nur verbunden mit Urlaub und Lebensfreude, sondern beinhaltet auch die Gefahr von Waldbränden aufgrund von zunehmender Trockenheit und sinkenden Grundwasserspiegeln. Der Titel „Zombiefeuer" beschreibt scheinbar gelöschte Brände, die unerkannt unter der Bodenoberfläche weiterschwelen, sogar Eis und Schnee überstehen können und bei wärmeren Temperaturen wieder aufflammen. Immer heißere Sommer begünstigen dieses Phänomen.
Die Bilder von Tatjana Utz zeigen auch Tiere, die durch die globale Erwärmung vom Aussterben bedroht sind. So ist auf dem Bild „Großer Eisvogel" ein Schmetterling zu sehen, der früher häufig in Deutschland vorkam und heute unter Artenschutz steht. Neben der Ausholzung seiner Lebensräume leidet der Tagfalter unter der Erwärmung des heimischen Klimas, da er auf kalte Winter angewiesen ist, um zu überleben. Beim Ausweichen in höher gelegene und damit kühlere Regionen findet er keine ausreichende Nahrung mehr.
Die Folgen des Klimawandels sind komplex. Überschwemmungen, Dürreperioden, das Schmelzen der Polkappen, steigende Meeresspiegel und aussterbende Tier- und Pflanzenarten sind nur die offensichtlichsten. Obwohl die Wissenschaft eine deutliche Sprache spricht und der Klimawandel ohne drastische Veränderungen der menschengemachten Ursachen nach wissenschaftlichem Konsens immer schneller voranschreitet, wird gesellschaftlich und politisch seit Jahrzehnten viel zu wenig getan, um diese Entwicklung zumindest zu verlangsamen. Aufhalten lässt sie sich wohl ohnehin nicht mehr. Unsere psychischen Abwehrmechanismen unterstützen uns Menschen dabei, diese reale Gefahr nicht als für uns persönlich relevant einzuschätzen. Wir nehmen die dramatischen Folgen der Erderwärmung zwar wahr, so genannte „optimistische Fehlschlüsse" lassen uns jedoch davon ausgehen, „dass es uns persönlich schon nicht erwischt". Die menschlichen Handlungen sind dabei oft paradox. Während man in den Alpen versucht, schmelzende Gletscher mit Planen zu schützen, wird anderswo weiterhin Energie aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Der Titel der Werkreihe „Paradise Lost" nimmt Bezug auf ein episches Gedicht des englischen Dichters John Milton, das die Vertreibung des Menschen aus dem Paradies beschreibt. Der Mensch muss sich bewusst entscheiden, welchen Weg er wählt.